"Heute und Gestern" - Geschichte
  Getreide ist das Leben  
  Reiben und Mahlen    
  Brot für Reich und Arm    
   
  Getreide ist das Leben    
  Für uns Menschen in der westlichen Welt ist es selbstverständlich, jeden Tag frisches Brot auf dem Tisch zu haben. Brot bedeutet auch heute noch Nahrung und Überleben. Millionen von Menschen verhungern jährlich, über 500 Millionen vor allem in der Dritten Welt können sich nicht satt essen und weitere Millionen sind arbeitslos.  
  Seit Jahrtausenden angepflanzt
Bereits in der Altsteinzeit (bis etwa 10'000 v. Chr.) sammelten die Menschen Gräser, deren Körner oder Samen als Nahrung dienten. In der Jungsteinzeit begannen sie Pflanzen anzubauen, wurden sesshaft und Ackerbauer. Archäologische Funde haben ergeben, dass Getreide (Weizen, Gerste, Roggen) bereits vor ungefähr 12'000 Jahren in den Randgebieten des heutigen Irak (Mesopotamien) gesät und geerntet wurde, in Mitteleuropa erst vor etwa 6'000 Jahren. Von Ägypten über Babylon, Griechenland und Rom zum Abendland wurde der Getreideanbau wichtig.
  Wildpflanzen - Vorläufer unseres heutigen Getreides
Die vorderasiatischen Wildpflanzen (Wildemmer, wilde Gerste, Wildeinkorn) waren die Vorläufer unserer heutigen Getreidearten. Hirse, Gersten und Weizen, Roggen, Spelz (Korn) und Hafer stammen aus dem Norden und wurden etwa zweitausend Jahre v. Chr. im Zuge alter, indogermanischer Völkerwanderungen über Südwestasien nach Mitteleuropa gebracht. Der Mais, die einzige amerikanische Getreideart, wurde in Europa erst seit dem 16. Jahrhundert nach der Entdeckung Amerikas bekannt.
 
 
Korn bedeutet heute in
Norddeutschland Roggen
Deutschschweiz Dinkel
Graubünden Gerste
Norwegen Gerste
Schottland Hafer
Nordamerika Mais (corn belt)
   
  Der Pflug - schon um 3000 v. Chr. in Gebrauch
Heute, da der Landwirt mit dem Traktor pflügt, denken wir kaum mehr nach, was für eine wichtige Erfindung der Pflug für die Menschheit einmal bedeutete. Am Anfang wurde er von Menschen gezogen, dann von Tieren. Früher unterschied man Pflüge nach ihrer Bauart (Stabpflug, Räderpflug), heute nach ihrer Funktion (Hakenpflug, Kehrpflug).
 
  Mühsame Getreideernte
Das Getreide musste früher mit Sicheln und Sensen geschnitten, dann mit Rechen angehäufelt und von Hand oder mit Antraggabeln zu Garben getragen werden. Mit gedrehten Bändern aus Stroh, später aus Hanf oder Pappe, wurden die Garben gebunden und zum Trocknen auf den Feldern aufgestellt (Puppen) oder in Berggebieten an hohen Gestellen aufgehängt (Histen). Das getrocknete Getreide wurde mit Dreschflegeln auf der Tenne geschlagen und das Korn von der Spreu durch Aufwerfen mit der Wanne im Wind getrennt. Später gab es dafür Windfegen (Röllen).
 
  Bevor der Mähdrescher erfunden wurde
Die Ernte von Getreide ist heute längst eine Angelegenheit der Technik. Die früher harte Arbeit des Mähens und Dreschens ist immer leichter und rascher geworden, und der Mähdrescher gilt seit 1950 als Sinnbild des Getreideanbaus.
 
   
 
     
  Reiben und Mahlen    
  Der Weg vom steinzeitlichen Reibstein zum Müllereibetrieb mit elektronisch gesteuerten hochtechnisierten Anlagen dauerte Jahrtausende.  
  Reibstein
Seit 3800 v. Chr. war der steinzeitliche Reibstein in Europa bekannt. Er bestand aus zwei Teilen: einer flachen oder konkav gewölbten Steinplatte (Unterstein) und einem flachen Oberstein (Läufer). Der Läufer wurde wie in einem Mörser über den Unterstein hin- und hergestossen oder gedreht und so das Mahlgut zerrieben.
 
  Mahlstein
Der Mahlstein ist ein behauener Unter- oder Oberstein aus Sandstein oder französischem Quarz. Durchmesser: 1 bis 1½ Meter. Die Kreislaufringfläche wird von eingehauenen Luftfurchen durchbrochen, damit das Korn von innen nach aussen in die Mahlbahn gelangt. Der Müller musste den Stein von Zeit zu Zeit mit einem Hauer behauen, also scharfmachen. Oft wurde der Müller deshalb "Scharfmacher" genannt.
 
  Von alten Mühlen
Vermutlich erfanden die Römer die Wasserrad-Mühlen, die sie in unser Land brachten und die an Bächen oder Flussläufen liegen, da sie von Wasser (Wasserrad) angetrieben werden. Im Mittelalter (12. Jh.) gehörten die Mühlen in unserem Land dem Adel und den Klöstern. Die Bauern durften ihr Getreide nur in der zur Grundherrschaft gehörenden Mühle vermahlen lassen. Ab 1306 sind wichtige Mühlen in der Schweiz urkundlich nachgewiesen: Tiefenbrunnen-Zürich, Bussenhausen-Pfäffikon, Villmergen und Dintikon im Aargau, "Moulin de la Doux" in Tavannes, Haslimühle in Wigoltingen TG.
 
  Lohnmüller
Jahrhundertelang blieb die Mühle das einzige mechanische Gewerbe. Der Müller war Lohnmüller und mahlte das Getreide, das ihm die Bauern brachten. Dafür erhielt er einen Lohn.
 
   
 
     
  Brot für Reich und Arm    
  Wenn wir abends auf dem Nachhauseweg noch rasch ein Brot kaufen, denken wir kaum daran, dass unsere Vorfahren - vor allem die ländliche Bevölkerung - sich lange hauptsächlich von Getreidebreien ernährte. Brot war zunächst in den Städten verbreitet, wo es die mittelalterlichen Zünfte der Pfister (Bäcker) und Müller gab. Seit dem 12. Jahrhundert waren Roggen- und Schwarzbrot sowie Weizen-, Dinkel-, Gersten- und Haferbrote verbreitet. Weisses Brot war noch im 16. Jahrhundert vor allem den Reichen vorbehalten, Halbweissbrot den Wohlhabenden; Grau- und Ruchbrot ass nur das einfache Volk.  
  Schweizer Brotfund
Das älteste in der Schweiz ganz erhaltene Brot stammt aus Twann (um 3530 v. Chr.) und wurde am 27. Februar 1976 gefunden. Es ist aus Weizenkörnern hergestellt, die auf einer Handreibemühle zerrieben wurden.
 
 

Das Brotbacken wird entdeckt
In der ersten Entwicklungsphase wurde Mehl mit Körnern und Wasser zu Klumpen geformt, dann angeröstet, damit sie haltbar blieben, und weiterverarbeitet. Die Masse wurde unter Asche angebacken, später in Herdmulden gegossen, bis man schliesslich die geformten Brotteige in Backmulden zu garen begann. Von da war es nur noch ein kleiner Schritt zum richtigen Backen der Fladenbrote in Backöfen. Sauerteig, der durch einen Gärungsprozess entsteht, wurde von den alten Ägyptern erfunden, die dadurch einen wichtigen Grundstoff des Brotbackens entdeckten. Das Bäckergewerbe war bei den Ägyptern bereits vor 4800 Jahren bekannt, in der Schweiz sind Bäcker seit dem Jahr 623 nachgewiesen.
In der Dritten Welt formen Frauen noch heute nach alter Tradition kleine Teiglinge und backen sie auf einem heissen Stein oder im Holzofen.

 
  Entwicklung des Backofens
Fladenbrote wurden in verschiedenen Backöfen gebacken:
 
 
  • Die ersten überwölbten Öfen vor 4'500 Jahren bestanden aus einer gepflasterten Fläche und einer länglichen Überwölbung.
  • Die Germanen benutzten unterirdische Grubenbacköfen.
  • Der zweiteilige altägyptische Zylinderofen bestand aus einem Unterofen zum Einfeuern und einem Oberofen zum Backen.
  • Kuppelförmige Öfen aus Lehmziegeln waren im Nahen Osten und bei den Pfahlbauern bekannt.
  • Die Römer entwickelten diese weiter.
  • Diese Ofenform setzte sich bis in unsere Dorfbackhäuschen durch.
 
  Selbstgebauter Backofen
Die Backfläche erhitzte man mit brennendem Holz. Dann wurde die Glut entfernt und auf der heissen Fläche das Backgut gebacken.
 
  Holzbacköfen
In verschiedenen Bauernhäusern, aber auch als Backhaus einer Gemeinde, sind in der Schweiz Holzbacköfen noch erhalten.
 
  Hunger in der reichen Schweiz
1816/17 kam es in ganz Europa zu Missernten. Die Kornfelder standen Ende September noch grün wie sonst im Juli. Die Preise stiegen, die Löhne sanken, und es kam zu einer unvorstellbaren Hungersnot. Appenzell verlor einen Sechzehntel seiner Bevölkerung, der Kanton St. Gallen zählte gegen fünftausend Tote. Brot aus Holzmehl und Brei aus zerriebenem Heu, dazu Gräser und Kräuter sollten den Hunger stillen.
 
  Massenauswanderungen
Als Folge des wirtschaftlichen Elends wanderten viele Schweizer Familien ins Ausland aus. Zum Teil unterstützten die Gemeinden die Auswanderer durch Prämien. Oft endeten die Reisewilligen im Elend oder starben auf der beschwerlichen Überfahrt nach Südamerika an Typhus. Eine zweite Auswanderungswelle gab es 1854, als 15'000 bis 18'000 Menschen in einem einzigen Jahr emigrierten, da die Schweiz wegen der raschen Industrialisierung die wachsende Bevölkerung nur mangelhaft ernähren konnte.
 
  Backstube im 19. Jahrhundert und heute
Mit der raschen Entwicklung der Technik haben sich auch die Arbeitsgeräte in der
Bäckerei seit 1850 verändert. Teig wird nicht mehr mühsam von Hand geknetet.
 
  In die Jahre gekommen: das Sandwich
Auch das Sandwich ist bereits Geschichte. Der englische Lord Sandwich spielte 1762 einmal den ganzen Tag Karten und vergass das Essen, bis er plötzlich hungrig wurde. Er bestellte, damit es rasch ging, Schinken oder Käse zwischen zwei Scheiben Weissbrot - und das Sandwich war erfunden.
 
  Schweizer Brotmuseen und alte Mühlen
Museen sind lebendig und voller Überraschungen. Sie bieten - zusätzlich zum Internet und zu Broschüren - attraktiv präsentierte Informationen und Aktivitäten zum Mitmachen (z.B. Brotbacken). Es lohnt sich, die Schweizer Brotmuseen zu besuchen und Entdeckungen zu machen. - Liste der Brotmuseen/Mühlen
 
     
  Das ist ein Beitrag von www.schweizerbrot.ch